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Anna Karenina

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„Barbara Andrejewna, als ich noch sehr jung war, hatte ich mir ein Ideal vom Weib gebildet, wie ich es einmal lieben wollte und welches mein Weib nennen zu können, ich glücklich sein würde. Ich habe nun ein langes Leben gelebt und begegne jetzt zum erstenmal dem, was ich suche, in Euch. Ich liebe Euch und trage Euch meine Hand an.“ —

Sergey Iwanowitsch hatte dies zu sich selbst gesagt, während er noch zehn Schritte von Warenka entfernt war. Auf den Knieen liegend, und mit den Händen einen Pilz vor Grischa schützend, rief sie die kleine Mascha.

„Wer aber mag denn wohl nicht?“ sagte er lachend.

„Welcher Unterschied ist denn zwischen einem weißen Pilz und einem Birkenschwamm?“

„Warum sollte er nicht?“ —

„Stiller, Kinder, seid stiller!“ rief Lewin fast zornig den Kindern zu, vor seinem Weibe stehend, um es zu schützen, als der Haufe der Kinder mit Freudengeschrei ihnen entgegenflog.

„So steht es,“ sprach sie, die Hand des Gatten ergreifend, sie an ihren Mund führend und mit geschlossenen Lippen berührend; „so wie man die Hand des Priesters küßt.“

„So habt Ihr also nichts gefunden? Inmitten des Waldes giebt es allerdings stets weniger.“

„Nun, wie steht es?“ frug ihr Gatte sie, als sie wieder nach Hause zurückgekehrt waren.

„Noch diesen, neben dem Zweige da,“ wies sie der kleinen Mascha einen kleinen eßbaren Erdschwamm, dessen elastischer roter Hut quer von einem trockenen Grase durchschnitten war, unter dem er sich hervorgemacht hatte.

„Nicht einen einzigen,“ sagte Sergey Iwanowitsch, „und Ihr?“

„Ja, es ist wahr,“ antwortete Warenka lächelnd; unwillkürlich hatte sich die Richtung ihrer Promenade verändert. Sie begannen sich den Kindern wieder zu nähern. Warenka war es schmerzlich zu Mute, und sie empfand Scham, zugleich aber auch verspürte sie ein Gefühl der Erleichterung.

„Ich habe nur gehört, daß die weißen vorzugsweise am Rande stehen, obwohl ich den weißen nicht zu unterscheiden verstehe.“

„Hierher, hierher; ihr Kleinen! Hier sind viel!“ rief sie mit ihrer milden Bruststimme.

„Habt Ihr denn etwas gefunden?“ frug sie unter ihrem weißen Tuch hervor, ihm das schöne, ruhig lächelnde Antlitz zukehrend.

„Es kommen Bauern vorüber“ —

„Er nimmt sie nicht,“ sagte Kity, in Lächeln und Sprachweise an den Vater gemahnend, was Lewin häufig mit Vergnügen an ihr wahrnahm.

„Dies ruft mir meine eigene Kindheit ins Gedächtnis,“ fügte sie hinzu, an der Seite Sergey Iwanowitschs von den Kindern hinwegschreitend.

„Der Birkenpilz — sein Stengel — erinnert an einen seit zwei Tagen nicht rasierten Bart eines Brünetten,“ sagte Sergey Iwanowitsch, schon ruhig geworden.

„Beide. — Sie müßten so hier“ —

Wieder vergingen einige Minuten; sie gingen noch weiter von den Kindern hinweg und waren jetzt vollständig allein. Das Herz Warenkas pochte so stark, daß sie seine Schläge vernahm, und empfand, daß sie errötete, blaß wurde und wieder errötete.

Warenka erhob sich, als Mascha den Pilz, den sie in zwei Hälften zerbrochen hatte, aufgenommen hatte.

Und kaum waren diese Worte gesagt, so hatte er wie sie erkannt, daß alles vorüber war; daß das, was hätte gesagt werden müssen, nun nicht gesagt werden würde, und die gemeinsame Erregung, die auf den höchsten Grad gestiegen war, begann sich zu legen.

Sie gingen schweigend einige Schritte. Warenka sah, daß er sprechen wollte; sie vermutete auch, was, und erstarrte fast in freudiger Erregung und Angst. Beide waren so weit hinweg geschritten, daß sie niemand mehr vernehmen konnte, aber noch begann er nicht zu sprechen. Für Warenka wäre es besser gewesen, zu schweigen. Nach einigem Stillschweigen war es leichter, das zu sagen, was sie sagen wollte, als nach den Worten über die Pilze, aber gegen ihren Willen, gleichsam wider Erwarten, sprach sie:

Sie antwortete ihm nicht, mit den Kindern beschäftigt, die sie umringten.

Sergey Iwanowitsch seufzte und erwiderte nichts. Es war ihm verdrießlich, daß sie wieder von den Pilzen anfing. Hatte er sie doch auf ihre ersten Worte, die sie über ihre Kindheit gesagt hatte, führen wollen. Gleichsam wider seinen Willen, äußerte er nun, nachdem er einige Zeit geschwiegen, eine Bemerkung zu ihren letzten Worten.

Nach den Kindern war auch Sergey Iwanowitsch mit Warenka aus dem Walde gekommen. Kity brauchte Warenka nicht zu fragen; an dem ruhigen und etwas kühlen Ausdruck auf beider Gesichtern erkannte sie, daß sich ihre Pläne nicht verwirklicht hatten.

Jetzt oder nie mußte man sich erklären; und dies empfand auch Sergey Iwanowitsch. Alles, im Blick, in der Röte ihres Gesichts, in den niedergeschlagenen Augen Warenkas, zeigte ihm ihre schmerzliche Erwartung. Sergey Iwanowitsch sah es und empfand Mitleid mit ihr. Er fühlte sogar, daß es sie bedeutend verletzt haben würde, wenn er jetzt nicht sprach. Er wiederholte nun schnell im Geiste die Gründe, die für seinen Entschluß sprachen, er wiederholte die Worte, mit welchen er seinen Antrag ausdrücken wollte; anstatt dieser Worte aber frug er infolge einer ihn unerwartet überkommenden Idee plötzlich:

Die Lippen Warenkas bebten vor Erregung, als sie antwortete: „In den Köpfen ist fast gar kein Unterschied, nur im Stengel.“

Die Frau eines Mannes wie Koznyscheff zu sein, nach ihrer Stellung bei Madame Stahl, erschien ihr als Gipfel des Glücks. Dann aber war sie auch fest überzeugt, daß sie ihn liebe; und dies sollte nun bald entschieden werden. Ihr war furchtbar zu Mut; furchtbar, daß er sprechen würde, furchtbar, daß er nicht sprach.

Als sie den Sergey Iwanowitsch herankommen sah, erhob sie sich nicht, veränderte auch ihre Stellung nicht; alles aber sagte ihm, daß sie sein Kommen fühle und sich dessen freue.

Als Sergey Iwanowitsch heimgekehrt war und alle seine Beweisgründe wiederum durchmusterte, fand er, daß er falsch spekuliert hatte. Er konnte an dem Gedächtnis Marias nicht Verrat üben.

„Sie haben nichts gesehen.“ —

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